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Die Tyrannei des Optimismus 

  • Writer: Jolina P
    Jolina P
  • 4 days ago
  • 2 min read

Es gibt eine gesellschaftlich unausgesprochene Regel unserer Zeit, die Abweichungen der ,,Norm’’ grundsätzlich negativ beschreibt. Wer zweifelt, stört. Wer Müdigkeit zeigt, gilt als moralisch verdächtig.


Das führt dazu, dass viele Optimismus als eine Grundhaltung ansehen, die teils erwartet oder zur Pflicht geworden ist. In motivierenden Videos, Bürofloskeln und politischen Parolen steckt so viel Optimismus, den wir täglich konsumieren oder konsumieren können. Er verkauft sich gut, weil er verspricht, dass alles möglich ist, aber hinter dieser schönen Idee steckt harte Disziplinierung. 


Heute ist Optimismus nicht nur eine Stimmung. Er ist ein Imperativ, eine Norm oder eine moralische Erwartung. Häufig wird dadurch die Messlatte von Negativität stark gesunken, da die Grundhaltung positiv ist:


Trauer ist okay, aber nicht zu lange. Man darf Angst haben, aber bitte produktiv. Man darf scheitern, aber man muss vorteilhafter Weise wachsend daraus gehen.

Selbst das Unglück wird zur Ressource, die man effizient nutzen soll. Die Gesellschaft hat den Schmerz nicht umgewandelt, sondern in Kapital verwandelt. 


So wird Optimismus wie eine freundliche Maske, unter der ein stiller Zwang arbeitet: Seid alle positiv- sonst bist du das Problem. 


Doch echter Optimismus braucht keinen Zwang. Er wächst dort, wo die Wirklichkeit gesehen werden darf, in all ihrer Hässlichkeit, Unordnung und Schwere. Er entsteht nicht aus dem Leugnen, sondern aus der Konfrontation mit dem, was ist. Vielleicht beginnt Befreiung damit, den Mut zum Pessimismus zurückzugewinnen - nicht als Haltung des Aufgebens, sondern als ehrliche Antwort auf eine Welt, die oft mehr verlangt, als wir geben können.


Es gibt Momente, in denen das Dunkle nicht überwunden, sondern einfach ausgehalten werden muss. Momente, in denen Hoffnung nicht gefordert, sondern verschwiegen wird.


Vielleicht ist wahre Menschlichkeit nicht im Zwang zum Licht zu finden, sondern im Recht auf Schatten.


 
 
 

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